Kirche entwickeln statt spalten
Das Wort„Ungehorsam“ und eine dem eigenen Gewissen folgende Handlungsweise ruft bei manchen Leitungspersonen in der römischen Kirche einen „Gänsehauteffekt“ hervor. Solches Verhalten lässt die Alarmglocken läuten, da damit bekundet wird, dass einem nun aufrechte Menschen und keine unterwürfigen Untertanen mehr gegenüberstehen.
Die Bischöfe sind im absoluten Gehorsamsdenken gefangen. Dieser absolute Systemgehorsam erzeugt anscheinend große Angst und ist an und für sich ein himmelschreiender Skandal.
Keine Spur von der „Freiheit der Kinder Gottes“ ist da zu spüren! Doch da die Bischöfe in ihrer Angst und Not nicht laut zum Herrn rufen, kann er sie auch nicht erhören. (vgl. Ex. 3, 7ff)
Darum befinden die Bischöfe sich in einer Sackgasse, die sie selbst als solche nicht so sehen:
Sie werden bald Hirten ohne Herde sein, Bischöfe denen das Volk in Scharen davonläuft.
Anders gesagt: das Volk wagt den Exodus alleine, die Bischöfe bleiben in „Ägypten“ (=Rom) zurück.
Trotzdem gibt es (Gott sei Dank!) auch immer wieder rühmliche Ausnahmen im Bischofsamt, die bereit sind ein Risiko einzugehen. Eine Einheit bei den Bischöfen Österreichs zu vermuten ist reines Wunschdenken. Es gibt durchaus zwei Lager, die sich aneinander reiben. Noch ist das konservative das Stärkere.
Das wird sich nur ändern, wenn die Diözesen wieder mitbestimmen, wer (Weih-) Bischof wird und wer nicht!
(Linz hat hier dem „Bartl“ schon gezeigt, wo man den Most NICHT holt)
Deshalb ist die Suche nach einem gangbaren Ausweg, einer guten Lösung die für beide Seiten relativ schnell machbar sein müsste, dringend geboten.
Es geht dabei nicht um einen „faulen Kompromiss“, sondern um das praktische Nachholen und Weiterentwickeln dessen, was im letzten Konzil schon grundgelegt wurde.
Dazu folgender Vorschlag:
1. Die Hauptursache für die Sorge der Pfarrer, Priester und der meisten Katholiken ist die personelle „Ausdünnung“ der Seelsorge durch einen überalterten Klerus. Sie ist begründet in der theologisch falschen Fokusierung auf das amliche Priesterrum. Alles scheint sich derzeit um dieses Zentrum zu drehen. Dass hier die Gewichtung nicht stimmt, zeigt allein schon die Statistik: Den rund 410.000 Priestern stehen weltweit gesehen ca. 1.170.000.000 Katholiken gegenüber . Warum eine Minderheit von 0,03% so eine zentrale Stellung innehat, ist theologisch und praktisch äußerst fragwürdig. Dieser „kleinste Teil der Kirche“ ist also sachlich massiv überrepräsentiert. Das ist keine Wertung, sondern eine allgemeinen Tatsachenbeschreibung.
2. Wir lenken den Fokus (mit dem II. Vatik. Konzil!) hin auf das Volk Gottes (inkl. Priesteramt). Wir stellen also keine Einzelpersonen, sondern die Gemeinschaft(en) der Getauften/Glaubenden ins Zentrum. Die örtlichen Gemeinden in verschiedenen Formen bilden die Mitte, bzw. die Basis für alle weiteren theologischen und praktischen Überlegungen. Sie sind die Lebensbiotope des Glaubens, die auf ihre Umwelt positiv Einfluss nehmen sollen. Sie am Leben zu erhalten, hat daher oberste Priorität. Sie sind der Maßstab und die Berechnungsbasis für die Ämterfrage und nicht umgekehrt – wie es derzeit oft der Fall ist.
3. In der Tauftheologie ist diese Sichtweise bestätigt, da sie allen Getauften an den 3 Ämtern Christi (König = Leitungsamt, Priester = Heilsamt, Prophet = Verkündigungsamt) Anteil gibt. Alle Christinnen und Christen verbindet diese Basisgleichheit vor allen weiteren Ämterdifferenzierungen. Diese haben also einen deutlich nachrangigen Stellenwert und Charakter. Sie stehen daher im Dienste, dieser vorrangigen und höheren Ämter des gesamten Volkes Gottes.
Das gemeinsame Priestertum der Getauften gehört sachlich/inhaltlich massiv aufgewertet! Dies ist an sich schon ein prophetischer Akt! 😉
4. Es spricht daher grundlegend nichts dagegen, dass in der Kirche getaufte Menschen, unabhängig von Geschlecht oder Lebensstand, mit solchen Ämtern betraut werden.
5. Als Zeichen dieser „besonderen Beauftragung“ kann ein Sendungs- oder Weiheritus festgelegt werden, der zeichenhaft zum Ausdruck bringt, dass diese Personen in Einheit mit dem Bischof stehen und von daher kirchenrechtlich legitimiert sind.
6. Diese vielfältigen kirchlichen Dienste sind einander geschwisterlich/gleichwertig im Geiste Jesu zugeordnet. Es gibt in der Kirche per Definitionem keine zwei oder mehr Klassengesellschaft, sondern nur Schwestern und Brüder. Die Unterscheidung zwischen „Klerikern „und „Laien“ wird als historische Episode ad acta gelegt.
7. Die Grundvoraussetzung für einen kirchlichen Beruf, egal ob PriesterIn, DiakonIn, TheologIn, die Pfarr- oder PastoralassistentIn, JugendleiterIn, die KrankenhausseelsorgerIn, ReligionslehrerIn… und wird durch ein Theologiestudium oder eine äquivalente Ausbildung gewährleistet.
Als übergeordnete Berufsbezeichnung wird dabei von Seelsorgerinnen und Seelsorgern gesprochen um das Gemeinsame zum Ausdruck zu bringen.
8. Die Gemeindeleitung wird diesen Personen in seiner ganzen Breite als unmittelbare MitarbeiterInnen des Bischofsamtes (Dienst der Einheit) übertragen. Aus diesem Grunde muss keine Gemeinde über längere Zeit ihre/n LeiterIn mit anderen teilen. GemeindeleiterInnen werden mit allen rechtlichen Kompetenzen ausgestattet, die den Verkündigungsdienst (Predigt, Katechese,..) und die Sakramententenspendung ermöglichen, damit die Vollform von Kirche am Ort im praktischen Vollzug gelebt werden kann.
9. Die gute Vernetzung der Pfarren in Seelsorgeräumen und in den Dekanaten, sowie mit anderen pastoralen Knotenpunkten, lässt „schädliche Monokulturen oder Sonderwege“ nicht aufkommen.
10. Alle diese kirchlichen Berufsgruppen stehen auf gleicher Ebene und begegnen sich auf gleicher Augenhöhe.
Konflikte, Meinungsverschiedenheiten und Spannungen werden nicht unter den Tisch gekehrt, sondern fair und respektvoll ausgetragen.
Hierbei obliegt dem Bischofsamt der gewiss nicht immer leichte Dienst des Konfliktmanagements, weil es für die Einheit in der Vielfalt Sorge zu tragen hat. Dazu bedarf es besonderer menschlicher und fachlicher Kompetenz, die bei der Wahl eines Bischofs, einer Bischöfin zu berücksichtigen ist.
11. In repräsentativ-synodalen und öffentlich transparenten Versammlungen, werden auf diözesaner, nationaler, kontinentaler und weltkirchlicher Ebene, die entsprechenden Beschlüsse gefasst und umgesetzt. Da dafür schon viel theologische Grundlagenarbeit geleistet wurde und vieles in den Schubladen bereit liegt, kann dies relativ schnell (in max. 5 Jahren) geschehen.
12. Damit zeigen alle beteiligten Parteien ihren guten Willen, um auch in Zukunft eine gute, umfassende, zeitgemäße und Not-wendende Seelsorge und Pastoral zu ermöglichen.
13. Die römische Kirche steht somit glaubwürdig dafür ein, dass gemäß der Botschaft des Evangeliums in ihr keine Ungleichheit – in welcher Form auch immer – herrschen darf, da „in Christus alle eins sind“ (vgl. Gal. 3.26-29)
14. Bis das alles eintritt, bleiben daher die Forderungen und Wegweisungen der Pfarrer-Initiative bis auf weiteres aufrecht und aktuell.